Das Augustinermuseum ist im ehemaligen Augustiner-Eremitenkloster von Rattenberg untergebracht, dessen zentrale Räumlichkeiten - Klosterkirche, Hofer-Kapelle, Ecce-Homo-Kapelle und gotischer Kreuzgang - zu den herausragenden Beispielen Tiroler Baukunst gehören. Eine Beschreibung des Museums ist deshalb zu einem beträchtlichen Teil identisch mit einer Beschreibung des Klosters, seiner Geschichte und seiner baukünstlerischen Juwelen, die um nichts weniger "Ausstellungsstücke" sind wie die Sammlung, die hier zusammengetragen wurde.
Klostergeschichte
Die Geschichte des Augustiner-Eremitenklosters von Rattenberg ist eng mit der Geschichte der Stadt verbunden. Rattenberg war aufgrund seiner verkehrstechnisch günstigen Lage bereits im Mittelalter ein beliebter und stark besuchter Handelsort. Die kirchenpolitische Bedeutung hielt allerdings mit der wirtschaftlichen nicht Schritt, war Rattenberg doch damals keine selbständige Pfarre sondern Vikariat von Reith bei Brixlegg und deshalb besonders an Markttagen, wenn viel Volk von auswärts in die Stadt strömte, seelsorgisch unterversorgt.
Aus diesem Grund entschloss sich am Ende des 14. Jh. der Pfandinhaber von Rattenberg, Johann Kummersbrucker, ein Kloster zu stiften, dessen Hauptaufgabe in der geistlichen Betreuung von Einheimischen und Besuchern bestand. Darüber hinaus sollte das Kloster zur Grablege der Familie Kummersbrucker werden. Johann Kummersbrucker und seine Gattin Anna von Castelbarco starben beide im Jahr 1393, ihr Grabstein in der Klosterkirche zählt zu den bedeutendsten sepulkralen Denkmälern Österreichs.
Das Kloster wurde von München aus besiedelt und war ursprünglich mit Besitzungen und Mitteln für 12 Ordensbrüder ausgestattet. Diese Zahl wurde aber bald überschritten, da weitere Stiftungen und Schenkungen dazukamen. Eine erste Blüte erlebte das Kloster im 15. Jh. unter Prior Johannes Spieß († 1455).
Mit dem Verfall des kirchlichen und klösterlichen Lebens und durch das Eindringen des Protestantismus, der auch unter den Rattenberger Mönchen zahlreiche Anhänger hatte, begann im 16. Jh. der Niedergang des Klosters. Es kam so weit, dass mit dem Tod des Priors Wolfgang Neuhauser am 24.12.1556 das Kloster ausstarb und ein Weltpriester die gestifteten Gottesdienste halten musste.
Mit der beginnenden katholischen Restauration traten wieder mehr Mönche in das Kloster ein. Die Situation blieb aber das ganze 16. Jh. hindurch schwierig.
Der Wiederaufstieg des Klosters begann um 1600 unter Prior Jakob Rot. Durch den Erfolg der Gegenreformation und tüchtiger Prioren stieg die Zahl der Mönche stetig. 1772 lebten wieder 17 Patres und 5 Brüder im Kloster.
Mit dem Regierungsantritt Kaiser Josef II häuften sich auch in Rattenberg die Eingriffe ins Klosterleben. Die österreichischen Klöster mussten die Verbindungen mit den ausländischen Konventen aufgeben, nichtösterreichische Patres das Rattenberger Kloster verlassen.
1785 wurde zwar der Fortbestand des Klosters mit 18 Mönchen vom Kaiser bestätigt, doch durften erst dann neue Novizen ins Kloster aufgenommen werden, wenn durch Tod oder Abwanderung ein Platz frei wurde. Durch diesen "numerus fixus" vergreiste das Kloster immer mehr. 1796 waren nur noch zwei Patres unter 60 Jahre alt. Dieser Prozess dauerte auch in der Zeit der bayrischen Besetzung von 1805 bis 1814 fort. Als Rattenberg 1814 wieder zu Österreich kam, war für das aussterbende Kloster keine Hilfe mehr zu bekommen. Nach längeren Verhandlungen übernahm am 9. Jänner 1817 der Servitenorden das Kloster und führte es noch 153 Jahre. 1971 wurde das Kloster definitiv aufgelassen.
Baugeschichte
Der Baubeginn des Klosters wird um 1386/87 anzusetzen sein, da am 26. Jänner 1386 Papst Urban VI in einer Bulle sein Einverständnis seiner Gründung erteilte und am 16. April 1387 auch die Bestätigung des Salzburger Erzbischofs erfolgte. Eingeweiht wurde es am 26. November 1391. Von diesem ersten Bau sind außer Mauerresten wie z.B. die Langhauswände der Klosterkirche nicht viel erhalten geblieben, da 1427 und 1482 große Teile des Klosters Bränden zum Opfer fielen.
Gegen Ende des 15. Jh. fanden im Kloster wesentliche Um- und Erweiterunsarbeiten statt. Von den damals errichteten Kapellen hat sich nur die 1494 entstandene Hoferkapelle erhalten. Benannt nach ihrem Stifter, dem Salzburger Gewerken Virgil Hofer, wurde sie 1494 wahrscheinlich von Lienhard Plutauer erbaut und im Jahr 1498 geweiht. Ihre Gewölbeformen belegen die Nähe Plutauers zur Bauhütte von Wasserburg, insbesondere zu den Arbeiten Wolfgang Wisers.
Das Kreuzganggewölbe dürften gleichfalls am Ende des 15. Jh. entstanden sein. Auffällig ist seine uneinheitliche Struktur, in dem einfache vierteilige Rippengewölbe neben Netz-, Stern- und springenden Gewölbeformen stehen.
1662 wurde das Kloster durch ein Erdbeben schwer beschädigt.
Um 1688 begannen Umbauarbeiten, die um die Jahrhundertwende unter Prior Wilhelm Durchholzer umfassende Ausmaße annahmen. Das Langhaus der Klosterkirche wurde wahrscheinlich unter der Leitung eines lombardischen Baumeisters in den Jahren 1695 bis 1697 barockisiert, 1708 ihr Chor begradigt und an der Westseite eine Vorhalle angebaut.
Von 1707 bis 1708 schmückten die lombardischen Stukkateure Diego Francesco Carlone und Paolo d´Allio die Kirche aus. Ihr heutiges Aussehen geht im Wesentlichen auf die Tätigkeit dieser beiden Künstler zurück. 1708 bis 1711 schuf Johann Josef Waldmann mit dem sogenannten "Augustinerhimmel" das erste monumentale Kuppelfresko Tirols. Das vielfigurige Gemälde zeigt Vertreter jener Orden, die entweder Eremitenorden waren oder nach der Klosterregel des hl. Augustinus gelebt haben. Als unmittelbares formales Vorbild könne das Kuppelfresko von Johann Michael Rottmayr in der Dreifaltigkeitskirche in Salzburg gedient haben, das wenige Jahre vorher entstanden war.
1707 entstand unter der Leitung eines "Parlier Antonio" die Ecce-Homo-Kapelle an der Stelle, an der sich vormals der westliche Kreuzgangflügel befunden hat. Im Zentrum des Altares, den um 1720 der Laienbruder Alexius Schaider schuf, steht ein spätgotischer Schmerzensmann, der 1707 wundersamerweise die Zunge bewegt haben soll.
Mit der Barockisierung der Klosteranlage im 17./18. Jh. endeten die großen Um- und Ausbauarbeiten. 1898 schmückte Josef Gold das Langhaus-Gewölbe der Klosterkirche mit Fresken aus dem Leben Jesu und Mariens.
Erst nach der Klosteraufhebung im Jahr 1971 wurden wieder größere Bauarbeiten in Angriff genommen. In den 1970er Jahren wurde der Wohntrakt des Klosters zur Hauptschule und Stadtamt umgebaut. Im Kernbereich des Klosters entstand in den Jahren 1989 bis 1993 das Augustinermuseum. In den folgenden Jahren wurden durch diverse bauliche Ergänzungen die Attraktivität gesteigert und das Angebot sukzessive erweitert. Im Jahr 2000 entstand ein Bereich für Sonderausstellungen und 2003 der neu gestaltete Eingangsbereich. Seit 2009/10 sind der Kirchturm mit seiner Aussichtsplattform und der Kirchendachboden für den Besucher geöffnet und erschlossen.
Museumsgeschichte
Die Idee zur Gründung des Augustinermuseums geht auf das Jahr 1979 zurück. Rattenbergs Kirchen – die Pfarrkirche St. Virgil, die Spitalskirche und das ehemalige Kloster der Augustiner-Eremiten – befanden sich damals in einem beklagenswerten, um nicht zu sagen, ruinösen Zustand, und nur rasche Hilfe konnte sie vor dem endgültigen Verfall retten. Die daraufhin ins Leben gerufene Aktion „Rettet die Rattenberger Kirchen“ konnte aber nur dann mit öffentlichen Geldern rechnen, wenn ein Gesamtkonzept vorgelegt würde. Daher musste auch für den ehemaligen Klosterbereich ein neuer Verwendungszweck gefunden werden. Es war der damalige Stadtpfarrer von Rattenberg, Dr. Hans-Walter Vavrovsky, der den Vorschlag machte, dort ein Museum für sakrale Kunst einzurichten. Der Name des neuen Museums – „Augustiner-Museum Rattenberg“ - sollte auf die historische Vergangenheit und einstige Bestimmung des Klosterkomplexes hinweisen.
Der Ausbau zum Museum erfolgte in den Jahren 1989 bis 1993 parallel zur Gesamtrestaurierung des Klosterkomplexes. Am 1. Mai 1993 wurde das Augustinermuseum Rattenberg eröffnet. Mittlerweile ist das Museum Träger zahlreicher Auszeichnungen und Preise: 1994 als erstes Tiroler Museum den Österreichischen Museumspreis, 2002 das Österreichische Museumsgütesiegel und zweimal - 2005 und 2010 - den Tiroler Museumspreis.